Gleichzeiten, 2021
So ein Schulterblattgriff ist keine einfache Sache. Man muss sich schon ganz schön verbiegen, um diese Position einzunehmen. Es ist eine umständliche, ungewohnte und jedenfalls unbequeme Haltung. Nur selten gibt es im Alltag Situationen, wo man schnell mal zurück zum Schulterblatt greifen muss. Und dennoch verbiegen wir uns manchmal. Ganz bewusst. Damit wir hineinpassen, dazugehören. Manchmal verdrehen wir auch unsere Wahrnehmung. Um die Wahrheit nicht sehen zu müssen. Dann gibt es einen Knick in der Realität. Es entsteht eine Parallelwelt, die mit der realen nichts mehr zu tun hat. Man gibt sie auf, zugunsten der Illusion. Dreht und wendet sich, damit man in diese Vorstellung hineinpasst. Aber irgendwann schmerzt diese Haltung. Es fällt schwer, sie durchzuhalten. Und irgendwann muss man dann loslassen. Weil es anstrengend wird. Weil es weh tut. Für einen Augenblick quält das Loslassen dann noch mehr als das Durchhalten. Aber danach kann man sich wieder freier bewegen.